Originally appearing at http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/vv=teaser-12/nid=1046894/did=7345786/1uh41do/index.html. Drogen-Comeback in der Medizin Ungewöhnliche Methoden in der Medizin Stephan B. darf es: „Man nimmt ein paar Züge [Cannabis] und schon geht’s einem besser. Man entspannt sich, der ganze Stress fällt von einem ab.“ Und Dr. Peter Gasser darf es auch: „Das LSD hat mir schon geholfen, meine emotionale Seite zu entwickeln, meine Einfühlungsfähigkeit, was ich als Therapeut natürlich brauchen kann.“ Der Münchner Informatiker Stephan B. und der Schweizer Psychotherapeut Peter Gasser. Beide dürfen mit Drogen umgehen, die vom Gesetz geächtet sind. Die Hanfpflanze Cannabis und das psychedelische Rauschmittel LSD waren in der Hippiezeit Kult-Drogen. Doch sie können auch etwas anderes sein – segensreiche Medikamente. Drogentipps vom Arzt Der 34-jährige Stephan B. hat Defekte an der Wirbelsäule, leidet seit zwanzig Jahren unter schweren Schmerzen. Die ganze Apparatemedizin hat er durchgemacht, nichts hat wirklich geholfen. Manchmal wollte er aufgeben. Stephan B. erinnert sich: „Dann hat mir ein Arzt mal den Tipp gegeben, dass die Einschlafprobleme, die ich habe, und natürlich auch die Schmerzen mit Cannabis bei vielen Patienten besser wurde. Und da wollte ich beinahe schon aufstehen und sagen: Was sind Sie denn für ein Arzt!“ Denn er war ein ordentlicher Junge: Antialkoholiker, Nichtraucher. Eltern waren zunächst skeptisch Die Schmerzen blieben und irgendwann, so B., besorgte er sich doch Cannabis: „Und dann hab ich’s probiert, und es hat mir ganz gut geholfen. Also man konnte gleich ganz gut schlafen, man hat Appetit bekommen, die Schmerzen waren auch viel besser. Ja, und so bin ich damit in Berührung gekommen.“ Und er blieb dabei. Wie zerrissen fühlte er sich, denn das was ihm half, machte ihn quasi zum Kriminellen. Er weihte auch seine Eltern ein, dass er Cannabis als Schmerzmittel inhalierte. Seine Mutter erinnert sich: „Im ersten Moment waren wir beide schon schockiert. Man bringt das ja einfach immer mit Drogen und Abhängigkeit in Verbindung. Wir haben es ihm nicht so ganz geglaubt am Anfang.“ Das Verbotene wird legal Die Familie hatte nun Gesprächsstoff und irgendwann glaubten die Eltern ihrem Sohn. Auch, weil die Forschung belegte: Der Cannabis-Wirkstoff THC wirkt krampflösend und entspannend bei Multipler Sklerose und anderen schweren Erkrankungen. In Deutschland werden seit 2007 vereinzelt Anträge auf den Gebrauch von Cannabis bewilligt. Auch Stephan B. hat die Hürden der Bürokratie geschafft: Er bezieht das Produkt nun legal aus der Apotheke, bezahlt es selbst und raucht es giftfrei aus einem Vaporisator. Der offizielle Stempel, die Erlaubnis, das war sehr wichtig, so der Vater von Stephan B.: „Als er jetzt da diese Genehmigung bekommen hat, war ich erleichtert. Dieses Illegale, dieses Verbotene, dieses: Du darfst das nicht! Das ist dann ganz von uns abgefallen.“ Sie bleiben eine bürgerliche Familie, doch ihr Blick auf „Hippiedrogen“ hat sich verändert. LSD für Schwerstkranke Einen Schritt weiter geht ein Schweizer Psychotherapeut: In einer Studie zur therapeutischen Begleitung Schwerstkranker setzt er LSD ein, dass er auch an sich selbst testen durfte. Den schwer krebskranken Studienteilnehmern gibt er eine Dosis vor den Sitzungen. Das soll nicht nur ein entspannender Trip sein, betont Dr. Peter Gasser: „Im Wesentlichen geht es darum, Menschen, die schwer erkrankt sind, einen Weg und eine Möglichkeit aufzuzeigen, mit dieser Krankheit, aber auch mit Tod und Sterben, auf eine – sag ich mal – freiere oder auch bessere Art umgehen zu lernen.“ LSD ist einer körpereigenen Substanz verwandt, die bei der Filterung von Sinneseindrücken eine Rolle spielt. Das Hirn wird durch die synthetische Droge mit Reizen überflutet. Wahrnehmung verändert sich Der Blick auf die Wirklichkeit verändert sich. Dr. Gassers Erfahrungen mit seinen Patienten: „Im günstigen Fall, und das berichten dann auch die meisten, die sagen, es sei eine Art Entspannung in ihnen eingetreten, die über die rein körperliche Entspannung hinausgeht, eine größere Angstfreiheit.“ Außerdem waren etliche Patienten überrascht über ihre veränderte Wahrnehmung, so Gasser: „Dann war hier in der Nähe eine Baustelle, mit Presslufthammer, und ich hatte die Befürchtung, das könnte ihn total stören, weil das war auch ziemlich laut. Und er hat dann gesagt: Ja dieser Presslufthammer, das sei super gewesen, diese Kraft, diese urige Kraft, die er da gespürt hatte.“ Drogen als Teil der Psychotherapie? Horrortrips, Abgleiten in Ängste, habe es hier nicht gegeben. Die behütete Atmosphäre und die intensive Betreuung verstärkten die positiven Reize. Mit seiner Studie will Peter Gasser beweisen, dass die Rückkehr von LSD in der Psychotherapie sinnvoll ist: „Es gab jetzt eine 35-jährige Latenzzeit, in der nichts mehr möglich war, Psychotherapie mit LSD, und das wichtigste für uns ist zu zeigen, dass es eine sichere und eine wirksame Behandlung ist. Alle Patienten, die daran teilgenommen haben bisher, haben gesagt, dass es ihnen etwas gebracht hat.“ Leben erleichtern LSD als Hilfsmittel bei Sterbebegleitung und Psychotherapie, Cannabis als Schmerzmittel. Ist die Medizin auf dem Weg zu einem unkritischen Umgang mit Drogen – oder ist es einfach nur Zeit sich von alten Klischees zu trennen? Drogen können in der Medizin nützlich sein, auch wenn das für viele noch „harter Stoff“ ist. Stephan B. uns seine Eltern sind jedenfalls davon überzeugt. Damit sind sie Vorreiter eines Trends, der noch vielen Menschen das Leben erleichtern könnte. On January 27, 2011, German TV magazine Odysso broadcast a segment (in German) on the return of banned drugs–such as marijuana and LSD–to mainstream medicine. The program shows how patients and doctors are abandoning old stereotypes and beginning to recognize the benefits of psychedelics and marijuana for therapy. Even those patients who were skeptical at first are discovering that these previously demonized drugs are actually of great value for those dealing with serious illnesses. The program and accompanying article feature psychiatrist Peter Gasser, M.D., the lead researcher for MAPS’ Swiss study of LSD-assisted psychotherapy for end-of-life anxiety.